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Didaktik

Lehr- und Leerseite

Zusatz-Aufgabe Angelika Sauer (Deutsch)

Michael Seeger (Geschichte)

                                           Der Doppelgänger                  

- Nach dem Vorfall mit dem Butterdiebstahl verlässt Friedrich mit Johannes für kurze Zeit das Fest und macht seinem Ärger über dessen Verhalten Luft -

 

Am Abend des Gespräches tummeln sich  die Dorfbewohner auf einer örtlichen Hochzeit. Die Feier ist im Gange, als plötzlich ein großes Durcheinander entsteht: Johannes, der sich einen Moment lang unbeobachtet fühlt, klaut ein Stück Butter und steckt es in seine Hosentasche.

 

    Erläuterung des Kontextes

Durch die Wärme geschmolzen, wird der Diebstahl sofort offensichtlich. Großer Aufruhr, die Gäste zeigen sich empört über das Geschehen und Friedrich tritt hervor. Er beschimpft ihn auf übelste Weise und verweist ihn von dem Fest. Es kommt zu einem Streitgespräch...

 

Friedrich kehrt gedemütigt und über Johannes` Verhalten enttäuscht zurück. Um von dem Geschehen abzulenken versucht er sich durch seine wertvolle Silberuhr in den Mittelpunkt zu stellen und das durch Johannes auf ihn gefallene schlechte Licht von sich abzulenken.

 

Eigene Thesen zum Thema

Friedrich:

Von seiner schweren Kindheit geprägt, entwickelt sich Friedrich zu einem eigennützigen, eitlen jungen Mann. Er bildet sich ein über allen zu stehen und strebt nach der Bewunderung anderer. Johannes ist sein "Schützling", den er jedoch eher wie einen Sklaven behandelt, da Friedrich all die negativen Eigenschaften und Unsicherheiten seiner Person in Johannes wiederfindet. Die unglückliche Wendung seines Charakters war indessen das Werk mehrerer Jahre und auch das seines Onkels, welcher ihn in seinem neunten Lebensjahr adoptierte.

Johannes:

Sohn des  Oheims von Friedrich. Er wächst völlig vernachlässigt in ärmlichen Verhältnissen und von seinem Vater verleugnet auf. Hat unter den ständigen  Machtübergriffen durch Friedrich zu leiden. Verschüchtert und geplagt von Selbstzweifeln führt er ein beschwerliches Leben. Dazu kommt, dass er von allen nur herablassend Johannes Niemand genannt wird, was auf seine unbekannte Herkunft zurückführt. Abgeschieden und verschüchtert, lebt er in seiner eigenen Welt weshalb er auch sehr wenig spricht. Äußerlich haben Johannes und Friedrich eine sehr große Ähnlichkeit, dieses lässt auf die nahe Verwandtschaft schließen. 

Verhältnis Johannes/Friedrich: 

Während Friedrich als Dorfschönling gilt, nimmt Johannes die Rolle des Niemands ein. So bilden sie schließlich ein Ganzes. In der Geschichte spielt dies eine so große Rolle, dass sie am Ende sogar kurzzeitig zu einer Person verschmelzen, als Friedrich vorgibt Johannes zu sein. Erst nach Friedrichs Tod gelangt Johannes wieder zu seiner eigenen Identität, nämlich als die Dorfbewohner Friedrich identifizieren konnten. Einzig in diesem Zeitraum tritt Johannes  aus seiner Schattenposition hervor und bildet scheinweiße einen zum ersten Mal eigenen Charakter und wird von den Dorfbewohnern wahrgenommen.

Eindrücke auf den Leser:

Je selbstbewusster Friedrich dargestellt wird, desto armseliger erscheint Johannes dem Leser. Johannes spiegelt Friedrichs schreckliche Vergangenheit und vom Unheil geprägte Zukunft wieder. Johannes besitzt weder eine sprachliche noch soziale Identität.

Auch der Leser nimmt Johannes zunächst nur am Rande wahr, er wird nur beiläufig erwähnt. 

Zentrale Textstelle

 

In diesem Augenblick erhob sich ein Getümmel am Ende der Tenne, Geschrei, Schelten, Gelächter, alles durcheinander. “Butterdieb, Butterdieb!” riefen ein paar Kinder, und heran drängte sich, oder vielmehr ward geschoben Johannes Niemand, den Kopf zwischen die Schultern ziehend und mit aller Macht nach dem Ausgange strebend. “Was ist‘s? Was habt ihr mit unserem Johannes?” rief Friedrich gebieterisch. “Das sollt Ihr früh genug gewahr werden”, keuchte ein altes Weib mit der Küchenschürze und einem Wischhader in der Hand. Schande! Johannes, der arme Teufel, dem zu Hause das Schlechteste gut genug sein mußte, hatte versucht, sich ein halbes Pfündchen Butter für die kommende Dürre zu sichern, und ohne daran zu denken, daß er es, sauber in sein Schnupftuch gewickelt, in der Tasche geborgen, war er ans Küchenfeuer getreten, und nun rann das Fett schmählich die Rockschöße entlang. Allgemeiner Aufruhr; die Mädchen sprangen zurück, aus Furcht, sich zu beschmutzen, oder stießen den Delinquenten vorwärts. Andere machten Platz, sowohl aus Mitleid als Vorsicht. Aber Friedrich trat vor: “Lumpenhund!” rief er; ein paar derbe Maulschellen trafen den geduldigen Schützling; dann stieß er ihn an die Tür und gab ihm einen tüchtigen Fußtritt mit auf den Weg.

Er kehrte niedergeschlagen zurück; seine Würde war verletzt, das allgemeine Gelächter schnitt ihm durch die Seele; ob er sich gleich durch einen tapferen Juchheschrei wieder in den Gang zu bringen suchte - es wollte nicht mehr recht gehen.

 

Interpretierte Textstellen zum Thema

                                                                   “Da, Johannes!” sagte er und reichte ihm mit einer Gönnermiene das Kunstwerk, (...) 

=> Friedrich mimt gerne den Großzügigen.

Friedrich stolzierte umher wie ein Hahn, im neuen, himmelblauen Rock, und machte sein Recht als erster Elegant geltend.

=> Friedrich steht gern im Mittelpunkt.

“Johannes!” rief er gebieterisch, (...) Friedrich reichte ihm den Bogen, gab durch eine stolze Kopfbewegung seinen Willen zu erkennen und trat zu den Tanzenden.

=> Friedrich stellt Johannes demonstrativ als seinen Untergebenen dar.

“Lumpenhund!” rief er; ein paar derbe Maulschellen trafen den geduldigen Schützling.

=> Friedrich spielt seine Macht aus^1

Kreativarbeit

 

Streitgespräch

- Eigenproduktion-

... dann stieß er ihn an die Tür und gab ihm einen tüchtigen Fußtritt mit auf den Weg...

F: Johannes, was fällt dir ein ?! Du hast mich vor der gesamten Gesellschaft gedemütigt ! Was geht nur in dir vor ? 

J: Es war doch nur ein kleines Stück Butter ...

F (schnaubt): Dein kleines Stück Butter hat soeben mein so wertvolles Ansehen ruiniert ! 

J: Das wollte ich nicht !

F: Wofür habe ich mich die ganzen Jahr um dich gekümmert und aufopferungsvoll meine Zeit für dich verschwendet ! Keiner wollte etwas mit dir zu tun haben! Du bist und bleibst für immer ein Niemand !

J: Aber...

F: Lass mich gefälligst ausreden, du Bastard! Bedenke,  wenn die Leute von nun an über mich sprechen, dann werden sie sich immer an dich und deinen Butterdiebstahl erinnern und sich ihren Teil dabei denken, warum ich, ein ehrlicher junger Mann, mit deinesgleichen verkehre. Und ich kann dir  bezeugen, sie werden  nicht die einzigen sein, die sich darüber Gedanken machen. So frage ich mich doch langsam, warum ich all dies für dich tue. Du bist doch nur ein widerlicher, kleiner Schmarotzer, der sich glücklich schätzen sollte, überhaupt Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen!  Es wäre wünschenswert, du würdest mir für meine Mühen mehr Dankbarkeit erweisen, das Gegenteil jedoch hast du mir soeben erwiesen; aus reinen Egoismus Butter von der Hochzeit zu stehlen. Welch ein Frevel!  Dass du dabei aber auch mich in diesen Schlamassel hineingezogen hast, scheint dir, mein lieber Johannes, ja gänzlich egal zu sein. 

J:  Ihr wollt mich nicht verstehen...

F: Ich will dich nicht verstehen? Was erlaubst du dir? Hast du jeglichen Respekt vor mir verloren?

J: Aber nein! Ich habe nicht die Folgen bedacht! Ich dachte allein, es werde schon niemand deshalb verhungern. So habe ich es genommen, doch gingen meine Gedanken nicht so weit, dass es schmelzen könne.

F: Verschlagen sollte man dich, du räudiger Hund! 

Empfange deine gebührende Strafe...

 

© 2002-2015 Isabel PfundsteinFranziska Peschke, Sabrina Schmutz, Faust-Gymnasium79219 Staufen, Letzte Aktualisierung 18.09. 2015