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Didaktik

Lehr- und Leerseite

Zusatz-Aufgabe Angelika Sauer (Deutsch)

Michael Seeger (Geschichte)

         Die Gerichtsverhandlung  

Die Türe ward aufgerissen, und herein stürzte die Frau des Juden Aaron, bleich wie der Tod, das Haar wild um den Kopf, von Regen triefend. Sie warf sich vor dem Gutsherrn auf die Knie.

“Gerechtigkeit!” rief sie, “Gerechtigkeit! Mein Mann ist erschlagen!” und sank ohnmächtig zusammen.   (Seite 38 Zeile 30-35)

Nehmen wir an; Nach Entdeckung des Mordes an Aaron floh Friedrich Mergel, wurde jedoch aufgefunden und in Untersuchungshaft genommen.

Folgende Gerichtsverhandlung  fand in Anwesenheit des Angeklagten statt:

Staatsanwalt

"Hohes Gericht; Das Dorf B. wurde durch einen grausamen Vorfall zutiefst erschüttert, denn  ein unschuldiger Mensch wurde auf brutalste Art und Weise ermordet. Aufgrund der vorhin genannten Beweise ist folgendes Tatgeschehen festzustellen. Um 22.00 Uhr muss das Opfer mit dem Angeklagten  in dem Waldgebiet "Brederholz" zusammen getroffen sein, wo er seinem Opfer  aufgelauert hat. Mit direktem Tötungsvorsatz versetzte der Angeklagte seinem Opfer einen wuchtigen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand an die Schläfe, wodurch der Jude Aaron tödlich verletzt wurde.  Am darauf folgenden Tage wurde das Opfer von seiner Frau und dem Knecht unter einer Buche im Brederholz in einem mit Laub und Gras gefüllten Graben gefunden. 

Der  Angeklagte stand in tiefer Schuld bei dem Juden Aaron und hatte neben ihm noch andere Gläubiger. Dies zeigt, dass er in großer finanzieller Not steckte  und mit den immensen Schulden nicht mehr zurechtkam. Auf Grund eines Vorfalls vor  der gesamten Dorfgesellschaft, durch das Opfer verursacht , wurde der Angeklagte zutiefst gedemütigt, woraufhin er beschloss das Opfer zu töten. Der Angeklagte Friedrich Mergel wuchs in einer antisemitischen Umgebung auf und neigte schon früh zu Gewalttaten .Die Familie des Täters konnte sich schon  vor dessen Geburt nur schwer in die Dorfgesellschaft einfügen. Darunter litt er und versuchte sein Leben lang sich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren. Nachdem der Mord an in der Öffentlichkeit bekannt wurde, ergriff F. Mergel die Flucht ,was auf seine Schuld hinweist . Deshalb kann nur Friedrich Mergel diesen heimtückischen Mord begangen haben. 

Aufgrund der oben angeführten Beweise, halte ich den Angeklagten für schuldig im Sinne der Anklage.

Damit hat der Angeklagte aus Habgier vorsätzlich einen anderen Menschen getötet, was den Tatbestand des Mordes i. S.d. § 211 Strafgesetzbuch erfüllt.

Da der Angeklagte auch in keiner Weise - sei es durch Alkohol, sei es durch ein Affektsturm - in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt war, kommt eine Milderung des Strafrahmens nicht in Betracht.

Ich beantrage daher, dass der Angeklagte zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt wird.

Des weiteren hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen." 

Rechtsanwalt

Hohes Gericht; Es ist durchaus eine grausame Tat begangen worden, jedoch ist es unverantwortlich einen unschuldigen Menschen einer solchen Gewalttat anzuklagen. Es ist richtig, dass sich Friedrich Mergel auf der Hochzeit befand und sich ein peinlicher Vorfall ereignete. Allerdings gibt es keinerlei Augenzeugen, die das Verbrechen beobachtet haben, deshalb kann man nicht mit Sicherheit sagen, dass der Angeklagte schuldig ist. Zudem war Friedrich Mergel nicht in Besitz der Tatwaffe. Man muss dazu sagen, dass der Angeklagte nicht der einzige Schuldner des Juden Aarons war, denn es gab im Dorf B. und S. noch einige Leute, die ihm etwas schuldeten. Des öfteren wurde der Jude auch  aufgrund seiner Religion abgelehnt und diskriminiert.

Der junge Mergel war bekannt als Träumer, der in der Dorfgesellschaft wegen seines Elternhauses einen schlechten Ruf hatte. Deshalb sah er den einzigen Ausweg in der  Flucht, als der Mord an die Öffentlichkeit kam. Der Angeklagte wusste, dass er als Täter in Frage kam. Aus Angst vor weiteren Übergriffen auf seine psychische und  physische Verfassung durch die Gesellschaft entschloss er sich zu dieser Flucht.

Dem Angeklagten Friedrich Mergel ist diese Tat wegen der oben angeführten Gründe  nicht zuzutrauen. Außerdem gibt es nicht genügend Beweise für seine Schuld.

Ich verlange für meinen Mandanten Freispruch!

 

 

 

 

 

 

URTEIL des  Richters

Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil:

Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren wegen Mordes in einem minderschweren Fall verurteilt. Gemäß den §§ 211, 213 Absatz 2 StGB.

Das Gericht begründet das Urteil folgendermaßen:

Aufgrund der Beweisaufnahme ist das Gericht von folgendem Tathergang überzeugt: Am Sonntag dem 4. Oktober 1760 um 22.00 Uhr begab sich der Angeklagte zu dem Waldgebiet "Brederholz", wo er den Juden Aaron auflauerte um ihn umzubringen. Dies tat er um den Schulden bei dem Opfer zu entkommen. Friedrich Mergel lauerte Aaron hinter der Buche auf und als das Opfer sich näherte, versetzte der Angeklagte  ihm in Tötungsabsicht mit dem mitgeführtem Knüppel einen wuchtigen Schlag an die Schläfe. Hierdurch erlitt das Opfer einen Schädelbruch , an dessen Verletzungen er kurze Zeit später starb. Anschließend warf er ihn in einen mit Laub und Gras gefüllten Graben.  

Damit hat der Angeklagte heimtückisch und aus Habgier vorsätzlich einen anderen Menschen getötet, was dem Tatbestand des Mordes § 211 StGB erfüllt

Allerdings erhält er mildernde Umstände, da das  Milieu , aus dem er stammt, berücksichtigt werden muss. Er wurde schon in früher Kindheit von seinem Onkel zum Verbrechen verführt. Daher konnte er schon von klein auf nicht zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. Außerdem wuchs er in einer antisemitischen Umgebung auf.  

Aufgrund des Strafrahmens von einer Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren erscheint die verhängte Strafe von zehn Jahren als angemessen.

 

© 2002-2015 Marie-Sophie Fünfgeld, Cosima von Hohenthal,  Janine Gutzmer,  Faust-Gymnasium 79219 Staufen, Letzte Aktualisierung 18.09. 2015