Seminarkurs 2000/01 "Dolly und die Folgen" 

Diskurs Naturwissenschaft - Geisteswissenschaft

  Bilanz

Wie alles anfing Das Thema Die Schüler Methoden Exkursionen
Elektronische Kommunikation Teamteaching Zeitmanagement Quellen Dank

   Wie alles anfing

Bei der Vorbereitung zu einem Referat zum fächerverbindenden Unterricht war mir klar geworden, dass die Herausforderung der Zeit gerade in einer Fächerverbindung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften besteht. "Gentechnik" schien mir dazu ein geeignetes Thema. Meine Biologie-Kollegin Gabi Lämmle konnte ich sofort für die Konzeption eines Seminarkurses zu diesem Thema gewinnen. In einer Planungssitzung am 17.04. 2000 entstand ein Mindmap, was (via HTML-Export in Mindmanager) das Raster für den geplanten Webauftritt ergab. Am Ende kann man sagen, dass diese Planung den Kurs strukturierte; etwas die Hälfte der erzeugten Seiten wurde im Laufe des Kurses gefüllt, andere Seiten wurden hinzugefügt. Betrachtet man die Fülle des im Webauftritt abgelegten Materials, kann man konstattieren, dass das Online-Experiment gelungen ist.

   Das Thema

Dass es sich für einen Seminarkurs in besonderer Weise eignet, zeigt die Tatsache, dass sich schon viele Schulen mit dieser Thematik beschäftigt haben. Das Thema bietet beste Recherche-Möglichkeiten für selbständig arbeitende Schüler. Im Schuljahr 200/2001 war der Kurs zeitlich bestens platziert. Mit der Gesetzesänderung im britischen Parlament (12/2000) begann eine Serie von Aktualitäten, die einen interessierten Schüler/Lehrer in Atemlosigkeit versetzen musste: Genomentschlüsselung (HUGO) - Wechsel im Gesundheitsministerium -  Einrichtung des nationalen Ethikrates - Debatte über Stammzellenforschung und PID - Rede des Bundespräsidenten - Schwenk der DFG - High und Low der Biotech-Branche am Neuen Markt - und und und ... über Mangel an Aktualität konnten wir uns nicht beschweren!

   Die Schüler - Bewertung von Schülerleistungen

9 Schüler fanden Interesse am Kurs, teils thematisch motiviert, teils aus Interesse an den Methoden, teils aus der Hoffnung auf gute (ins Abitur einzubringende) Noten. Die Workbooks der Teilnehmer zeigen, dass die Erwartungen zu etwa zwei Dritteln erfüllt wurden. Was die LKs anging, kamen die Schüler aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen. Genauso auseinander lagen die individuellen Themen, die fast alle TN für ihre Jahresarbeit schnell gefunden hatten: von der Zelldifferenzierung bis zur Darstellung der Gentechnik der Gentechnik in den Printmedien. Manchen TN fiel es schwer, sich überhaupt über das eigene Thema hinaus zu interessieren. Zur Halbzeit geriet der Kurs in eine gewisse Krise: Manche TN fanden das Nachfragen anderer Schüler bei benoteten Präsentationen unsozial; die dem Kursthema eigene Verbindung von Natur- und Geisteswissenschaft wurde von einigen TN abgelehnt; Spannungen innerhalb des Kurses führten zur Absage eines geplanten Hüttenaufenthaltes; das Anspruchsniveau und die Benotungspraxis der Leiter wurde als Belastung empfunden.

Durch den Fortgang des Arbeitsprozesses wurde diese Krise überwunden. In den Präsentationen und Diskussionen des Kolloquiums erzielten die meisten TN ihre Höchst- und Glanzleistung. Die Fächerverbindung wurde zum Schluss nicht nur akzeptiert, sondern geradezu postuliert, ein wichtiger Erkenntnisgewinn. Die Notengebung blieb bis zum Schluss als zu streng und zu anspruchsvoll in der Kritik. Von der Oberstufenberatung war der Kurs als eine Chance zur Verbesserung der Abiturqualifikation annonciert worden. Diese Chance musste natürlich ergriffen werden. Mindestens 5 TN haben dies getan und über den persönlichen und fachlichen Gewinn hinaus sich auch in der Bewertung bestens qualifiziert, wie die folgende Grafik zeigt:

12.1. 12.2. Schr. Arbeit Kolloquium Summe
         
1 15 15 15 15 60
2 11 15 14 15 55
3 14 13

14

14 55
4 13 13 10 14 50
5 11 14 12 12 49
6 9 8 10 14 41
7 6 7 7 13 33
8 10 6 4 7 27
9 7 2 7 10 26
Schnitt 10,7 10,3 10,3 12,7 44,0

   Methoden - neue Unterrichtsformen - Selbständigkeit

Während die fachliche Entwicklung der Der TN nur langsam voranschritt und ihren Durchbruch bei den meisten erst in der Phase vor Abgabe der Jahresarbeit fand, waren die methodischen Standards von den meisten TN sofort internalisiert. Rhetorik, Auftreten, Teamarbeit, Visualisierung, multimedialer Medieneinsatz, Feed-Back  fanden auf Anhieb Eingang in die Arbeitsweise der Schüler.

   Exkursionen

Sie bildeten einen wichtigen Bestandteil der Seminararbeit. Von 6 Exkursionen wurden 4 von den TN völlig selbständig organisiert. Diese TN haben damit eine herausragende Schülerleistung vollbracht.

   Elektronische Kommunikation

Als ein Kurs, der nur einmal wöchentlich stattfand - gelegentlich mit Pausen in der Plenumsarbeit - sah ich in der elektronischen Kommunikation (Webauftritt und E-Mail-Kontakte) eine hervorragende Möglichkeit, Kontakte zu stiften und zu halten.  Zwei Drittel haben von dieser Möglichkeit regen Gebrauch gemacht; einige Schüler haben sich so von Leitern beraten lassen und sie über Fortschritte und Probleme informiert; drei TN haben diese Kommunikation ignoriert. Erfreulich war, dass es auf diesem Wege einigen TN gelungen ist, Kontakte zu Experten herzustellen und Exkursionen selbständig zu organisieren. Bei mir als Koordinator haben sich im Laufe des Kurses 312 E-Mails angesammelt. Das Faust-Gymnasium hatte in diesem Schuljahr mit der Vernetzung die materielle Basis für diesen Online-Unterricht geschaffen. Der Pilotversuch eröffnet neue Perspektiven für eine ganz andere Lehrer-Schüler-Interaktion. Als Dokumentation wurde der Webauftritt - angereichert mit größeren - nicht internettauglichen - Präsentationen der Schüler auf CD gesichert.

   Teamteaching

Von den Schülern als nebensächlich wahrgenommen, stellte die Zusammenarbeit der beiden Leiter für diese eine neue Erfahrung dar. Eine feste "heure fixe" im Stundenplan institutionalisierte die Kooperation: Feed-Back der vorangegangenen Sitzung, Vorbereitung der nächsten, Zuständigkeitsaufteilung, didaktisch-analytische Spiegelung, gemeinsame Beratung der Schülerleistungen incl. schriftlicher Gutachten über die Halbjahresleistung, das Workbook, die Seminararbeit erforderten einen zusätzlichen Arbeitseinsatz. Als Gewinn konnten beide Leiter aber einen beglückenden Erfahrungsaustausch und Lernzuwachs verbuchen. Von einem Konflikt abgesehen, weil einer der beiden sich nicht an eine Absprache gehalten hatte, lief die Zusammenarbeit ausgesprochen kooperativ, auch in der Phase, als Gabi Lämmle in Mutterschutzurlaub war. Von den Schülern wurde die Rollenverteilung gleichwohl als einseitig wahrgenommen.

   Zeitmanagement - Timing - Termine

Ein wichtiges Lernziel zur Kultivierung der Selbständigkeit war die Planung der eigenen Arbeit, das Erstellen eines individuellen Zeitplanes, das exakte Einhalten von Terminen. Zwei TN sind daran gescheitert; die anderen konnten - obwohl der geforderte Zeitplan allgemein verhasst war - ihre Arbeit dennoch besser als zugegeben zeitlich koordinieren. Wichtig war wohl die Erfahrung, dass man Puffer einbauen muss: Der Drucker kann zwei Tage vor Abgabe der schriftlichen Arbeit streiken, was jedoch als Ausrede nicht akzeptiert wird. Die Lehrer blieben in der Einforderung der Termine hart. Sie sind der Überzeugung, dass dies Erwachsenen gerecht ist und in der Schule viel zu selten konsequent praktiziert wird. Wer als Schüler diese Hürde einmal erfolgreich genommen hat, braucht sich vor seiner ersten Proseminararbeit im Studium nicht mehr zu fürchten. Die Lehrer hatten mit ihrer - aus einer Fortbildung hervorgegangenen - Zeitplanung ein Raster vorgegeben, was sich allerdings als ein zu enges Korsett erweisen musste. Auch hier fehlte es an Puffern. Obwohl einige TN eine engere Führung, mithin auch eine größere Verschulung des Kurses sich gewünscht hätten, bleiben die beiden Lehrer nach langen Diskussionen bei der Überzeugung, dass gerade der Seminarkurs als ein "Orchideenfach", wo modellhaft "Schule von Morgen" geprobt werden kann, an dem sicherlich anstrengenderen selbständigen Lernen festhalten sollte. Die karikaturhafte Frage, "Dürfen wir heute machen, was wir sollen, oder müssen wir wieder machen, was wir wollen", bleibt also mit Shakespeare zu beantworten: "Was ihr wollt"!

   Quellen - Recherche

An Informationen gab es keinen Mangel. Die Dynamik des Themas im öffentlichen Diskurs bescherte den TN eine Flut von Informationen, in denen es sich zurecht zu finden galt. Erstaunlich war, wie sehr die Schüler die digitale Recherche bevorzugt haben. Zwar ist das Thema im Internet bestens recherchierbar. Eine Seminarsitzung wurde der Recherche-Strategie gewidmet. Doch fanden es die Lehrer auch bedauerlich, dass einige TN vollkommen auf Print-Quellen verzichtet hatten. Das Internet ist u. E. eine hervorragende Ergänzung, keineswegs aber ein Ersatz der Bibliothek. Selbst Bücher von Autoren, zu denen eine Exkursion führte, wurden bei den Lehrern nicht ausgeliehen. Lehrkräfte haben darauf zu achten, dass auch im digitalen Zeitalter das gute alte (Gutenberg)Buch seine Bedeutung behält.

   Dank

Es war ein sehr aufwändiges, arbeitsreiches Jahr, ein Stück Schule der Zukunft, aus dem man gestärkt in die Routine des häufig monotonen Alltags zurückkehrt. Die Schüler haben den Unterschied zum übrigen Unterricht als nicht sehr gravierend empfunden. Für die Lehrkräfte war es eine angenehme extraordinäre didaktische Situation. Der rührende Dank der Schüler wird mit "Re-Thanks" beantwortet.

Michael Seeger, 20. Juli 2001

   Fragen und Kommentare an Michael Seeger  © 2000-2013 Faust-Gymnasium Staufen,  letztes update 18.09. 2013